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Olaf Osten Biografie

FERNSEHEN 2006


Ich habe Olaf Osten, wie sollte es anders sein, über seine Kunst kennengelernt. Bei der Gruppenausstellung
"Te Huur - Beletage" in Wien 2002 habe ich das erste Mal seine Arbeiten gesehen und wollte unbedingt den Künstler kennenlernen der diese ungewöhnlich kraftvollen und starken Bilder schafft. Gemälde die wiedergeben was allgegenwärtig ist. Und so beeindrucken als sehe man etwas ganz Neues und Fremdes.

Einen Blick gegen den Himmel gerichtet, in die Ferne und über Köpfe und Häuserdächer hinweg eröffnen uns die großformatigen Bilder von Olaf Osten. Schon seit mehrern Jahren beschäftigt er sich ganz intensiv mit dem Himmel, mit dem Horizont, mit dem Schweifen des Blicks in die Ferne.

Prägende Impressionen aus der Gegend seiner Heimat Lübeck an der Ostsee lassen sich sicher nicht leugnen.
Die Intensität der Farben – auch in den zartesten Nuancierungen – zeigen die unendlich Leidenschaft des Malers etwas sichtbar zu machen das wir so nicht wahrnehmen können. Der Himmel, etwas, das immer da war und gleichzeitig das größte denkbare Nichts ist – die luftige Leere über unseren Köpfen. Eine Leere, die sich in den Köpfen der meisten Menschen mit Bedeutung füllt: als Sitz höherer Mächte, als Paradies oder Hort ewigen Lebens.

Olaf Osten zeigt in dieser Ausstellung sechs Arbeiten aus seiner fortlaufenden Serie "Fernsehen". Auf Nr. 75 ist gerade noch der letzte Stock eines Wohnhauses zu sehen und darüber – weit und groß – der Himmel zur Blauen Stunde. Durch das große Format sind wir gezwungen den Blick ein wenig schweifen zu lassen um das ganze Bild einzufangen, oder wir bewegen ein wenig weg und sehen fern.

Die realistische Hausfassade verortet uns in der Welt des Gegeständlichen, ihr gegenüber gestellt ist die große,
weite, abstrakte Fläche des Himmels, die nicht stärker eine Sehnsucht nach einem Jenseits, nach Transzendez und Endlosigkeit ausdrücken könnte.

Im Gegensatz zur weitverbreiteten realistischen Malerei der Neuen Leipziger Schule, kommen in Olaf Ostens Arbeiten nur sehr vereinzelt Menschen vor, vielmehr zeigt er dem Betrachter/der Betrachterin eine entvölkerte transzendentale Obdachlosigkeit, in der sich der letzte Stock eines Wohnhauses als eine Rampe ins Nichts darstellt.
Die perspektivische Desorientierung durch die ungewöhnliche Blickachse bestimmt die Magie der Bilder von Olaf Osten in starkem Maße mit.

Obwohl seine Arbeiten vom Gegenständlichen, von der Natur aus gehen, nähern sich die Werke mit ihren großen blauen monochronen Farbflächen durchaus auch einem abstrakten Expressionismus oder dem Colourfield Painting.
Olaf Osten zeigt uns Rätsel, die wie er selbst sagt, lösbar sind. Bei "Fernsehen 80" bedient er sich der Collagentechnik in dem er auf die skizzenhaft dargestellte Hausfassade und den weißen schemenhaften Himmel Zeitungsausschnitte anbringt und übermalt und so die informationslastige Atmosphäre in der wir leben zur Darstellung bringt ohne ein Urteil darüber abzugeben.

Beim Betrachten seiner Arbeiten tun sich neue Erfahrungswelten auf. Es geht um ästhetische erfahrbare Erscheinungen. Um Licht und Schatten. Um Vordergründiges und um Hintergründe. Auf die Frage, ob es ihm um Sinnergründung geht, antwortete er mir salopp, er wolle schon gerne Gott ein bisschen unter den Rock schauen.
Sonne und Mond und die Erde, dargestellt als Globus in einem Innenraum mit Blick in die Nacht, verweisen auf Existenzielles und auf existenzielle Fragen ohne einen einzigen Menschen abzubilden. In Vertrauten Dingen lässt uns Olaf Osten das Unheimliche und Unergründliche spüren.

Auch wenn sich konzeptuell und inhaltlich ein roter Faden durch seine Arbeiten zieht, ist doch bei jedem einzelnen Bild letztendlich die Wirkung ausschlaggebend. Und erst wenn sich eine bestimmte, anfangs noch nicht erahnbare Wirkung einstellt, ist ein Bild fertig. Um dies zu erreichen durchlaufen einzelne Arbeiten oftmals mehrere Überarbeitungsphasen. Der Künstler arbeitet an einer Leinwand, stellt sie wieder weg, zieht sie, manchmal nach einigen Tagen, manchmal nach Wochen wieder hervor um daran weiterzuarbeiten, lässt Zeit verstreichen, macht weiter, verändert – ohne selbst genau sagen zu können wann sie fertig sein wird feilt er so lange an einer Arbeit herum: bis sie wirkt.

Und von dieser Wirkung, können wir uns hier heute alle selber überzeugen.
Abschließen möchte ich gerne Herrn Prof. Dr. Gehard Gensch zitieren, der warnend über Olaf Ostens Arbeiten schreibt: "Wer sich den Arbeiten von Olaf Osten aussetzt, setzt sich der Gefahr aus, fernsicht-süchtig zu werden."
Lieber Olaf: ich bin es!

Verena Kaspar

Mai 2006